Dienstag, 2. Dezember 2014


30.10.14
Mein Stammcafé in Neukölln ist ein Backshop. Hier sitze ich, trinke Kaffee aus einem Pappbecher auf dem “Café” steht, schaue den Leuten zu, die rein- und rausgehen: kleine, gebeugte, gebeutelte Gestalten mit traurigen Gesichtern, Mütter mit Kopftüchern und Kinderwägen, Punks, Bärtige, Teenies mit Glitzerjacken und Lederstiefeln, die sich gekühlte Cola in Plastikflaschen kaufen, einen Kaffee, eine Süßigkeit oder einen Moment Ruhe, bevor sie wieder hinaus auf die laute Straße gehen und im Gedränge vor der Ampel verschwinden, alte, orientalische Herren mit Schiebermützen, die stundenlang auf den schmucklosen Bänken sitzen und sich unterhalten, eine winzige, alte Dame mit geblümten Kleid, die freundlich und zahnlos lächelt, dabei dem Kassierer zuwinkt und ihm ein etwas rostiges “auf Wiedersehen” zuruft. Der Kassierer, ein hagerer Mann mit langen Haaren, der seine Augen unter einer roten Schirmmütze versteckt, aber sehr aufmerksam ist, abwechselnd kassiert, die Tische abräumt, Plastiktabletts stapelt und mit einem blauen Schwammtuch säubert, kennt sie schon und grüßt zurück. Drei Mädchen neben mir schwärmen von einer Traumreise nach Neuseeland, ein Typ mit Kopfhörern und polnischem Akzent fragt sie: "Könnt ihr mal mein Laptop bewachen?" und verschwindet aufs Klo. Neukölln, wie es vielleicht war, bevor die Hipster kamen.