Donnerstag, 13. Februar 2014


7.2.14
Auf dem Tempelhofer Feld. Die erhoffte Sonne verzieht sich gerade hinter graue Wolken und ein starker, ziemlich kalter Wind zerrt an meinen Haaren. Zwei Gestalten kommen auf mich zu, zwei Frauen, die eine trägt ein Kind im Arm, die andere schiebt einen Kinderwagen vor sich her. Ich kenne sie, es sind Künstlerinnen, Bekannte von früher. Ich überlege schon, ob ich ihnen winken soll, sie kommen näher und erkennen mich nicht. Ich fühle mich seltsam erleichtert. Damals hatten sie große Pläne: sie wollten die Oper von Grund auf erneuern, neu erfinden sozusagen. Sie hatten fantastische Konzepte entworfen und diese bei einem bedeutenden Wettbewerb eingereicht. Nun treffe ich sie hier wieder: die eine ist Mutter und die andere wahrscheinlich die Patentante. Langsam und in einiger Entfernung ziehen sie an mir vorbei, wie zwei Eskimos im Schnee. Ich schaue ihnen noch kurz nach und wende meine Schritte auf die große Landebahn zu.

Samstag, 1. Februar 2014


19.11.11
Konzert mit zeitgenössischer Musik in einer Galerie für zeitgenössische Kunst in der Potsdamer Straße. Vor Beginn des Konzerts kann man die ausgestellten Objekte begutachten: Kabel, Drähte Kopfhörer, Glasscheiben, Lampen. Mit Anfassen. Interaktive Kunst.
Die Musiker spielen in kleiner Besetzung, etwa 30 Zuhörer lauschen aufmerksam. Anschließend unterhalte ich mich mit dem koreanischen Geiger, er erzählt mir von seinen Plänen und Projekten, schlägt schließlich vor, mit den anderen Musikern doch noch was trinken zu gehen. Ich komme gerne mit. Nach einigen Bieren und Falafel an einem Kreuzberger Szeneeck landen wir schließlich in einem Club ohne Namen in Neukölln. Draußen ist es kalt, drinnen ist es voll, Kondenswasser an den Scheiben. Aus den Boxen hämmert Minimaltechno unterlegt mit Tiergeräuschen, einige Mützenträger wippen mit Bierflaschen in der Hand vor dem DJ-Pult. Der Rest der Leute versucht sich schreiend zu unterhalten.
Plötzlich sehe ich ein Gesicht in der Menge, das mir bekannt vorkommt. Tatsächlich. Eine alte Schulkameradin, die ich seit wahrscheinlich 15 Jahren nicht gesehen habe. Sie hat sich eigentlich nicht sehr verändert. Erstaunlich, wen man in Berlin alles wiedertrifft. Ich dränge mich zu ihr durch und klopfe ihr auf die Schulter. Überrascht dreht sie sich zu mir, erkennt mich erst nicht, doch dann hellt sich ihr Gesicht auf und sie umarmt mich unerwartet, wobei ich einen leichten Schweißgeruch an ihr feststelle.
Sie wirkt ziemlich aufgedreht. Schreiend erklärt sie mir, dass sie jetzt ganz groß rauskommen will und dafür schon eine tolle Idee hat: ihre Autobiographie mit dem Titel „Willi Schneemann“. Der Witz dabei: sie schreibt sie im Voraus, mit Ereignissen und Erfolgen, die es noch garnicht gibt, die sie aber sukzessive, gewissermaßen rückwärts, nachliefert. Sie grinst. „Leider muss ich jetzt gehen“, brüllt sie mir ins linke Ohr, „aber ich adde dich bei Facebook.“ Sie umarmt mich nochmal kurz, aber fest und schlängelt sich durch die Menge zum Ausgang.